Digitalagentur
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Mobile Reporting: Schnell und sofort

Wer einen Selfiestick nutzt, wird nicht selten ausgelacht. Mobile Reporting ist längst kein Trend mehr, seit selbst Amateure und Laien bei Facebook eben mal schnell live gehen können und von vor Ort berichten können. Ein Einblick, wie mobile Reportagen funktionieren.

Wer sich mit alten Recken oder Reckinnen des Journalismus an eine Theke begibt, der hört oft Geschichten aus dem Reporteralltag, die sich anhören, als stammten sie aus den Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Es geht um die Arbeitsweise des klassischen Reporters. Beamen wir uns einfach mal rund 30 Jahre zurück in das Jahr 1987. In Deutschland standen gelbe Telefonzellen und das D-Netz in der Bundesrepublik wird erst in fünf Jahren, also 1992, an den Start gehen. Wer mobil telefonieren wollte, der brauchte eine Kiste mit Tragegriff und war im C-Netz unterwegs.

Und so erzählen die Dinos der Journalistenszene nicht nur von heißen Stories und Scoops, die man Politikern oder Wirtschaftsfürsten am Tresen nach viel Bier entlocken konnte, sondern auch von ihrem aufregenden Reporterleben und der Suche nach einer Telefonzelle oder Kneipe mit Telefon. Denn wer damals schnelle Nachrichten absetzen wollte, der brauchte einen Festnetzanschluss. So hat etwa der Medienarbeitsraum der Galopprennbahn in Köln-Weidenpesch Telefonzellen, aus denen die Reporter die Rennergebnisse sofort weitertelefonieren konnten.

Die aktuelle Reportergeneration kann da nur noch müde lächeln und ist beim Anblick eines Übertragungswagens schon irritiert. Heute streamt der mobile Reporter mit dem Smartphone live in soziale Netzwerke wie Facebook oder Youtube, so lange die LTE-Verbindung stabil ist. Videokameras von JVC können nicht nur HD- und 4K-Filme aufnehmen, sondern auch noch parallel ins Netz streamen und der mobile Fotograf kann mit dem iPhone 7 gar RAW-Daten erstellen, also höchstaufgelöste Fotos.
Bei der Aufnahme von Videos lohnt sich manchmal dennoch der Umstieg auf Kamera-Apps. So kann mit Hilfe der App „FiLMiC pro“ die Bildqualität direkt während der Aufnahme verbessert werden. Zudem lassen sich Blende und Schärfe fixieren. Die App wird für iOS und Android angeboten. Wer Videos im Gehen oder aus dem Auto heraus aufnehmen möchte, findet in der App „Hyperlapse“ eine Hilfe. Die App rechnet Erschütterung heraus und sorgt damit für weniger verwackelte Aufnahmen.
Auch wenn die meisten Smartphones qualitativ hochwertige Fotos und Videos erstellen können. In einigen Situationen ist eine weitere Ausrüstung für den mobilen Reporter dennoch sinnvoll – gerade dann, wenn generell möglichst wenige Geräte erwünscht sind, damit der Reporter wirklich mobil ist.

KNOWS HOW: Mobile Reporting Gadgets

DJI OSMO Handheld
Wackelvideos ade – aber nur so lange der Akku geladen ist. Mit etwas mehr als 300 Euro gilt der DJJ Osmo Handheld als das Gadget für mobile Reporter oder Amateure, die Videos mit dem Smartphone in action drehen wollen. Der Handheld ist nicht ganz leicht, garantiert ruhige Schwenks, ohne dass ein schweres Stativ mitgeschleppt werden muss. Automatische Gesichtserkennung und Nachverfolgung sind zudem möglich.

Rico Theta S
360-Grad-Fotos und Videos werden immer stärker zum Must-have. Es gibt Lösungen für Smartphones, die aber noch nicht in allen Kategorien überzeugen. Das Rico Theta S an, für etwas über 300 Euro mit ordentlichen Fotos und einer verbesserbaren Videofähigkeit. In Zukunft werden wir sicher auch in 360 Grad streamen, die ersten Start-ups arbeiten an entsprechenden Lösungen.

IK Multimedia iRig Mic HD
Videos ohne Ton sind wie Suppe ohne Salz, vor allem wenn man Interviews führen will. Das iRig hat einen semiprofessionellen Ansatz, mit dem sich aber schon ordentliche Straßenumfragen in der Einkaufsmeile umsetzen lassen. Der Preis liegt bei rund 120 Euro. Nicht vergessen werden sollte der Windschutz für das Mikrofon, sonst stören schon laue Lüftchen das Hörvergnügen. Und der Schaumstoff kann gebrandet werden. Für iOS und Android mit Lightning oder Mini-USB-Anschluss.

DJI OSMO Handheld
Wackelvideos ade – aber nur so lange der Akku geladen ist. Mit etwas mehr als 300 Euro gilt der DJJ Osmo Handheld als das Gadget für mobile Reporter oder Amateure, die Videos mit dem Smartphone in action drehen wollen. Der Handheld ist nicht ganz leicht, garantiert ruhige Schwenks, ohne dass ein schweres Stativ mitgeschleppt werden muss. Automatische Gesichtserkennung und Nachverfolgung sind zudem möglich.

 

Der Selfie-Stick mit Dreibeinstativ etwa kann das Stativ ersetzen und damit weiteres Personal. Für einen guten Ton sollten externe Mikros genutzt werden. Schon günstige Mikros etwa zum Anstecken oder zum in der Hand halten sind näher am Mund des Sprechenden und ermöglichen so eine bessere Tonqualität. Für Interviews gibt es Varianten mit zwei Mikros an einem Klinkenstecker. Dazu zählt etwa das Tonor TN120448BL, erhältlich ab 11 Euro.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Hardwareprodukte, die für die Puristen unter den mobilen Reportern verzichtbar sind, in manchen Situationen aber hilfreich sein können. Dazu gehört etwa der Gimbal DJI Osmo Mobile für ruhigere Bilder. Das Gerät kommuniziert per Bluetooth mit dem Smartphone. Rico Theta S ermöglicht 360- Grad-Fotos und -Videos. Wer unterschiedliches Film- und Fotozubehör mit im Gepäck hat, findet im „Beastgrip“ derzeit die wohl universellste Lösung. Damit können etwa Objektive, Mikrofone, Stative oder Zusatzleuchten mit dem Smartphone verbunden werden. Worauf kein mobiler Reporter verzichten sollte, das ist ein Wechsel- oder Zusatzakku.

Live im Netz jetzt

Youtube
Wer über einen Youtube-Kanal verfügt, kann sofort loslegen, live streamen, den Link in seine eigene Webpräsenz einbauen und ist damit auch dort live auf Sendung. Das gelingt mit einem Smartphone und einer LTE-Verbindung, aber auch in besserer Qualität etwa mit dem Live Streaming Camcorder JVC GY-HM200E 4KCAM/HD, der parallel zum Stream direkt aus der Kamera auch die Szenerie in HD einfangen kann.

Facebook
Wer live auf Facebook berichten will, der kann Facebook Mentions nutzen. Mentions ist für Personen des öffentlichen Lebens, die auf Facebook bestätigt sind. Mit Live-Video kann man mit seinem Smartphone eine Geschichte genau dann erzählen, wenn sie passiert. Mit der App kann man auch seine Updates auf Facebook, Instagram und Twitter teilen.
Oder man startet eine Live-Übertragung mit  Facebook für Android- oder Facebook für iOS-App.
So starten Sie eine Live-Übertragung mit Facebook für iOS:
>    Tippen Sie oben in Ihren News Feed auf „Was machst du gerade?“
>    Tippen Sie auf „Live-Video“
>    Verfassen Sie optional eine Beschreibung Ihrer Sendung
>    Tippen Sie auf „Live-Übertragung starten“, um mit Ihrer Sendung zu beginnen
>    Tippen Sie auf „Beenden“, wenn Sie Ihre  Übertragung beenden möchten

 

Wer sich nach den Aufnahmen den Weg in die Redaktion sparen möchte, kann mithilfe von Apps direkt auf seinem Smartphone die Videos und Fotos weiter bearbeiten. Die einfachste Handhabung bieten dabei die Apps „Videolicious“ und „Magisto“. Sie fügen die Videos zusammen und kümmern sich auch um die Übergänge. Beide Apps sind in ihrer Basisversion kostenlos. Wer sein Video lieber selber schneiden will, kann auf den Klassiker für iOS-User zurückgreifen: Die App iMovie ist ein vollwertiges Schnittprogramm für Videos inklusive Filtern und Effekten und bietet die Möglichkeit einer zweiten Tonspur.

Eher unbekannt ist in Deutschland „Cute Cut“.

Die App ist für nur für iOS erhältlich, in der Basisversion dafür kostenlos. Sie bietet vier Videospuren und kann auch Fotos und andere Elemente in die Clips einbauen. Die Alternative für Android-User heißt Kinemaster. Mit der App lassen sich Videos bearbeiten, schneiden und trimmen und mit Filtern und Übergängen versehen. Wer an seinem Arbeitsplatz „Premiere Pro“ von Adobe nutzt, kann sich unterwegs per Adobe App „Clip“ mit dem Programm verknüpfen und so seine Projekte jederzeit bearbeiten. Auch ohne Adobe-ID kann die App kostenlos genutzt werden, dann wird Usern allerdings nur 2 GB Platz in der Cloud zur Verfügung gestellt. Auch für die Foto-Bearbeitung bietet Adobe mit der App „Lightroom“ eine gute Hilfe. Wer nur die Basisfunktionen braucht und seine Fotos vor allem schnell bearbeiten will, sollte auf Photoshop Express zurückgreifen.

Doch nicht die Technik alleine macht einen guten mobilen Reporter aus. Gefragt ist auch die kreative Produktion. Hier hilft vor allem die Übung. Denn auch mit dem Smartphone müssen die Grundlagen der Aufnahmetechnik erlernt werden. Wie erreiche ich scharfe Bilder? Wie setze ich Licht und Schatten richtig ein? Ein Tipp für alle mobilen Reporter: Damit das Video nicht von ankommenden Anrufen, E-Mails oder Nachrichten gestört wird, sollte das Smartphone vor dem Dreh immer in den Flugmodus versetzt werden. Spannend wird es für den Journalisten dann bei der Live-Übertragung. Das ist im Vergleich zu den üblichen Aufnahmetechniken mit dem Smartphone kein großer technischer Aufwand mehr. Zur Herausforderung wird hier für den mobilen Reporter die Live-Übertragung selbst. Denn jedes Räuspern und jede Bewegung werden direkt in das World Wide Web übertragen. Die gängigsten Apps für den Live-Stream sind derzeit Periscope, Bambuser oder Facebook Live. Damit kann dann auch das intime Gespräch an der Bar oder dem Tresen sofort und unmittelbar „unter Dreien“ gesendet werden. Aber meistens hat der Reporter 2017, wenn er am Tresen sitzt, seine Arbeit schon getan und genießt maximal sein Feierabendbierchen und bittet höchstens den Wirt um ein wenig Strom, um sein mobiles Reporting-Set wieder aufzuladen.

Foto: studiostocks/www.shutterstock.com