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Fast ein Magazin

Früher bewarben sie Produkte – mittlerweile sind sie selbst das Produkt. Warum Verlage und Agenturen heute viel Zeit und Energie in Newsletter investieren.

Wer mit dem E-Mail-Konzept „Inbox Zero“ durchs Leben geht, wird meist von einer besonderen Nachrichtenspezies in die Knie gezwungen: dem Newsletter. Es sind nicht mehr die lästigen Werbesendungen, die im Laufe vieler Jahre Online-Shopping an einem hängen bleiben und den Posteingang vollstopfen. Die werden mittlerweile häufig von fähigen Spam-Filtern aussortiert. Nein, es sind selbst abonnierte, herbeigewünschte Rundschreiben.

Dass wir uns oft mehr auf den digitalen Teller laden, als wir konsumieren können, liegt daran, dass es besser schmeckt. Der Newsletter – dieses Urgestein des Internetzeitalters – hat sich enorm gewandelt. War er lange eine recht plumpe Marketingmaßnahme von Unternehmen und halbseidenen Online-Händlern, ist er heute fester Bestandteil der Medienlandschaft. Keine große Medienmarke oder Agentur kommt noch ohne aus.

Journalisten der Süddeutschen Zeitung haben für einen Artikel jüngst nachgezählt: Das Wallstreet Journal hat 51, die New York Times 63 und die Washington Post ganze 75 verschiedene Newsletter im Angebot. In Deutschland hat die ZEIT immerhin 27, die FAZ 18, die Süddeutsche Zeitung 15 und Der Spiegel 14. Jeden Tag landen so sorgfältig kuratierte Nachrichtenzusammenfassungen und Leseempfehlungen in unserem Posteingang. Mal witzig, mal ernst. Mal ‚magazinig’, mal in reiner Textform. Mal vom Chefredakteur, mal vom Fachredakteur, mal im Namen des Teams verfasst. Der „Digital News Report 2018“ von Reuters registriert entsprechend die „Wiedergeburt der E-Mail“. Konsumenten würden so wirksam auf Medien-Websites gelotst. Allerdings mit einer Einschränkung: „Dieser Kanal findet vor allem Anklang bei über 45-Jährigen. Dass so jüngere Nutzer angelockt werden, ist unwahrscheinlich.“

Für Leser liegt der Vorteil von Newslettern auf der Hand: Statt sich auf der Suche nach dem Lieblingsthema durchs Netz wühlen zu müssen, landen Informationen und Updates regelmäßig dort, wo wir einen großen Teil unseres Tages verbringen: im Posteingang. Oft ist die Darreichung per E-Mail sogar so umfassend, dass sich der Klick auf Links erübrigt. Der Wermutstropfen: wer mehr als einen abonniert, wird nicht nur Mühe haben, die Zahl der ungelesenen E-Mails bei null zu halten, sondern bezahlt auch mit seiner Konzentration. Schließlich blinken Newsletter als E-Mails auf, verlangen unsere Aufmerksamkeit und unterbrechen unseren Arbeitsfluss.

Für Verlage, PR-Agenturen und andere Unternehmen tun Newsletter mehr, als nur Leser auf die eigene Website zu locken. Sie können personalisiert und auf eine Zielgruppe zugeschnitten werden. Der Newsletter über Raketenwissenschaft wird ziemlich sicher nur von Raketenwissenschaftlern abonniert. Entsprechend technisch darf das Vokabular sein. Die Empfänger melden sich zudem freiwillig an. Die E-Mails werden deswegen nicht als aufdringlich wahrgenommen. Abonnenten bleiben der Marke so länger treu. Selbst wer mehrere Wochen nicht in den Newsletter schaut, schiebt die Kündigung oft auf. Schließlich hat man damals aus guten Gründen das Häkchen gesetzt.

Newsletter kommunizieren direkt mit einer bereits interessierten Leser- oder Kundschaft. Die Botschaft fällt keinem unberechenbaren Facebook-Algorithmus zum Opfer, der die Inhalte vielleicht wie gewünscht ausspielt, vielleicht aber auch herabstuft und versanden lässt. Hat der Newsletter den Empfänger erreicht, erhält der Sender Daten, die ihm beispielsweise erzählen, wann und mit welchem Gerät gelesen wurde. Und welcher Link die meisten Klicks sammelte.

Newsletter sind einfach. Empfänger müssen nichts zusätzlich installieren oder sich an eine neue App gewöhnen. Sie müssen einfach nur eine E-Mail öffnen und lesen. Das Format ist seit Anbeginn des Internetzeitalters bekannt. Und wer genug Abonnenten zusammenhat, kann Werbekunden anlocken. Dank Anzeigenverkauf beginnt der Newsletter dann auch noch Geld zu machen. Ansprache und Layout wiederum unterscheiden sich je nach Ziel und Leserschaft. Wir stellen vier verschiedene Newsletter vor.

Tagesspiegel: Checkpoint

www.checkpoint.tagesspiegel.de

Politico: Playbook

www.politico.eu

turi2: Newsletter

www.turi2.de

muxmäuschenwild Magazin

www.muxmaeuschenwild-magazin.de

Wer einen Newsletter plant, sollte einige Dinge beachten. Eine Checkliste

1: Ziel setzen

Was wollen Sie mit dem Newsletter erreichen? Mehr Besucher auf die Website lotsen? Informieren? Produkte bewerben? Ein klares Konzept hilft bei der Gestaltung der Inhalte. Und Leser wissen so schnell, was sie zu erwarten haben.

2: Template designen

Erst wenn die Schablone steht, weiß man, wie viel Text benötigt wird. Es gibt vorgefertigte Lösungen. Besser kein Feuerwerk veranstalten, aber responsiv sollte es sein. Die Mehrzahl der Empfänger durfte das Ergebnis auf dem Handy lesen.

3: Inhalte redigieren

Wer selbst schreibt, sollte einen Kollegen drüberlegen lassen. Und dann noch einen. Einmal geschickt, sind Schreibfehler nicht mehr zu korrigieren.

4: Attraktive Betreffzeile formulieren

Datumsangaben und Newsletternummern locken niemanden hinter dem Ofen vor. Geben sie den Lesern einen Vorgeschmack darauf, was drinsteckt.

5: Alt-Text und Plain-Text nicht vergessen

Wo Bilder nicht geladen werden, wird „alternative text“ (Alt-Text) angezeigt – wenn man ihn vorher eingibt. So sehen Nutzer, was sie verpassen. Außerdem sicherstellen, dass die E-Mail auch in Plain-Text großartig aussieht. Manche E-Mail-Clients oder Browser bilden HTML nicht richtig ab.

6: Rechtlich absichern

Newsletter sollten unter anderem nur auf Bestellung und nachdem der Empfänger seine E-Mail-Adresse bestätigt hat, versandt werden. Jeder Newsletter sollte zudem ein Impressum und einen Abmeldelink enthalten und Datenschutzregeln wie die DSGVO beachten.

Tipp

Professionelle Tools wie CleverReach, rapidmail, Inxmail, Newsletter2Go oder MailChimp helfen dabei, Abläufe zu automatisieren und DSGVO-konform zu arbeiten.

Text: Marten Hahn
Illustration und Screenshots: LauferNeo