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Selektiv Beilegen – Nie mehr Gießkanne

Viele Menschen ärgern sich über Beilagen, ob Werbung oder redaktionell, die sie nicht interessieren, und entsorgen sie oft sofort im Papierkorb. Dabei müsste das so nicht sein. Verlage und Unternehmen können durch die Digitalisierung und Datenoptimierung viel gezielter Zielgruppen innerhalb eines Trägermediums ansprechen. Wie das funktioniert, erklärt KNOW!S an der Systematik des „Mensch ärgere Dich nicht“-Spiels.

Vier Menschen spielen „Mensch ärgere Dich nicht“. Sie erhalten vier Farben und vier Figuren. Definieren wir diese einfach als Zielgruppen, die ein Verleger oder Werbetreibender erreichen will, und ordnen jeder Farbe eine gleichfarbige Beilage zu, die diese jeweils erreichen soll. Also die blauen Figuren eine blaue Beilage, die roten eine rote und so weiter. Will er allen Farben jeweils ihre gleichfarbige Beilage zukommen lassen, dann müssen aktuell alle jede Farbe erhalten, auch wenn sie die jeweils andersfarbige gar nicht wollen.

Es ist möglich, bis zu acht Leserzielgruppen eine spezifische Beilage zuzuschicken.

 

Im Klartext bedeutet dies, dass die blaue Figur auch die gelbe, rote und grüne Beilage erhält. Die braucht sie aber nicht und wirft die Beilage dementsprechend weg. Das verschwendet nicht nur Ressourcen, sondern kostet auch jede Menge Geld und ärgert die Empfänger mindestens genauso, als wenn sie bei dem Brettspiel so schlecht würfeln, dass sie rausgeworfen werden.

Daher die Optimierungsfrage: Wäre es nicht ideal, wenn die roten Spielfiguren nur die für sie gedachten roten Beilagen erhalten? Das ist machbar. Bei schaffrath medien heißt dies „selektiv beilegen“. Um dies zu können, gibt es drei Grundvoraussetzungen.
Die erste ist: Die Druckerei muss in der Weiterverarbeitung und im Versand so aufgestellt sein, dass dieser Prozess möglich und gewährleistet ist. Das bedeutet, jedes einzelne Trägermedium muss in der Versandstraße einer bestimmten Person und Adresse zugeordnet werden können.

In dieses personalisierte Trägermedium wird dann im weiteren Verlauf die dafür richtige Beilage beigesteckt. Illustrieren wir es mit dem System der Spielfiguren und dem Ziel des Spiels: Am Ende hat der gewonnen, der alle seine Figuren nach Hause gebracht hat und auf den Parkpositionen „a“ bis „d“ positioniert hat. Jede dieser Figuren soll ein identisches Trägermedium und eine gleichfarbige Beilage erhalten.

Damit gibt es zwei Parameter: Farbe der Spielfigur und Parkposition. Diese Parameter werden im Versand dem Trägermedium zugeordnet, etwa Rot + „a“ und damit kann jetzt die gewünschte Beilage genau diesem Magazin zugesteckt werden. Und dies gilt für alle Positionen.

Daten sind die Grundlage

Ist diese erste Grundvoraussetzung wie bei schaffrath medien erfüllt, dann ist die nächste Voraussetzung, dass es valide Daten gibt, die eine solche Zuordnung sinnvoll und überhaupt erst durchführbar macht. Der Verlag oder das Unternehmen muss also über digitale Datensätze verfügen, die über die reine Adressverwaltung hinausgehen. Diese Daten müssen Interessen, Kategorien oder Zuordnungen ermöglichen. Ich muss also als Verlag den roten, grünen, blauen oder gelben Spielfiguren nicht nur Adressen zuordnen können, sondern auch etwa Interessenkategorien oder Merkmale. Der einfachste Fall ist sicherlich die Geschlechterdifferenzierung. Gebe ich etwa ein Magazin für Kinder und Jugendliche heraus, könnte ich eine Beilage mit geschlecherspezifischen Produkten jeweils der richtigen Zielgruppe zuordnen. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um männlich oder weiblich, sondern um ganz andere Möglichkeiten. Viele Unternehmen kennen die Interessen ihrer Kunden oder Verlage kennen Spezialinteressen ihrer Leser. Ein weiteres Beispiel: Sie haben die Abonnenten ihrer Zeitschrift mit der Ausgabe 01-2017 mit Basisinformationen versorgt. In Ihrem Datenbestand zu diesen Abonnenten haben Sie dies vermerkt. Am Ende des Jahres wollen Sie diese Basisinformationen neuen Abonnenten oder Kioskkäufern wieder zur Verfügung stellen. Den Abonnenten, die diese bereits erhalten haben, möchten sie aber weitergehende Informationen zuschicken. Mit selektivem Beilegen kein Problem. Es ist also möglich, eine Informationskaskade aufzubauen, die Redaktionen dabei helfen kann, bessere Produkte anzubieten und Werbetreibenden ebenfalls eine zielgenauere Ansprache ermöglicht. Allerdings müssen Verlage und Unternehmen dazu durch digitale Datenaufbereitung richtig aufgestellt sein. Viele sitzen bereits auf Datenschätzen, die sie gar nicht heben.
Eine digitale Strategie entwickeln.

Und damit kommen wir zur wichtigsten Grundlage: Neue Möglichkeiten zu erkennen und in die Konzeption von Verlagsobjekten und Marketingaktivitäten von Werbetreibenden weiterzutragen. Mit gezielterer Ansprache erreicht man nicht nur weniger Streuverluste, sondern kann vor allem auch für eine höhere Akzeptanz bei den Rezipienten sorgen. Es geht also um die richtige digitale Konzeption und Datenstrategie. Reine Adressdaten reichen dafür nicht aus.

Die Daten müssen um sinnvolle Zusatzinformationen aufgewertet werden. Es braucht eine Datenstrategie, die es Druckereien und Logistikern wie schaffrath medien erlaubt, mögliche Mehrwerte zu erzeugen. Eines sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden. Diese Datenstrategie muss mit dem Datenschutzbeauftragten abgesprochen sein und dort, wo rechtlich nötig, dem Kunden gegenüber transparent dargestellt werden. Damit die Kunden dem Verlag, der Publikation, aber auch den werbenden Unternehmen Vertrauen.

Selektiver und differenzierter

Gibt es eine Datenstrategie oder Datenpools, so muss dieser Schatz auch innerhalb von Verlagen und Redaktionen gehoben werden. Denn auch in Fachverlagen mit spezifischen Themengebieten wird oftmals in der themengeneralistischen Schublade gedacht. Weiß der Verlag aber mehr über seine Leser, kann er ihnen Interessenskategorien zuordnen und sie später selektiv bedienen, eröffnet dies für Redaktionen ungeahnte Möglichkeiten. Kommen wir zu den bunten „Mensch ärgere Dich nicht“-Figuren zurück. Stellen wir uns vor, diese verfügen über unterschiedlich lange Abonnements. Die gelben kaufen das Magazin zum ersten Mal am Kiosk, die blauen lesen den Titel seit zwei Jahren, die grünen seit fünf und die roten sind seit zehn Jahren Stammleser. Alle diese Leser steigen in die Inhalte auf unterschiedlichen Informationsebenen ein.

Digital weiterverwerten

So ist es nicht sinnvoll, dem Stammleser Basisinformationen zukommen zu lassen, oder dem Neueinsteiger schon vertiefendes, aktuellstes Profiwissen. Durch selektives Beilegen können einmal erstellte Inhalte immer wieder neuen Lesern zugänglich gemacht werden. Ohne großen Aufwand. Dies muss jedoch schon bei der Konzeption, Produktion und inhaltlichen Gestaltung berücksichtigt werden. Inhalte müssen möglicherweise anders portioniert werden. Und in Redaktionen muss ein Verständnis für die neuen Möglichkeiten geschaffen werden. Weg vom großen Gruppendenken stärker hin zum individuell ansprechbaren Leser.

Denkt man dieses System einen Schritt weiter. Möglich wäre es, das System mit einem digitalen Verlagsbestellsystem zu verknüpfen, in dem Leser verfügbare Beilagen digital ordern können und diese dann mit dem nächsten Heft zugesandt bekommen. Dann entstünde eine eigene, neue Wertschöpfungskette mit einer Zweitverwertung der wertvollen Inhalte, die in Verlagen vorhanden sind und in digitalen Archiven vor sich hinschlummern. In der Logistikkette von Druckereien wie schaffrath medien können solche Produkte vorgehalten werden und dann in die Prozesse eingespeist werden.
Für Werbekunden müssen die Marketingstrategen in Verlagen entsprechende Unterlagen wie Mediadaten aufarbeiten, um den zugegeben nicht ganz einfach zu verstehenden Prozess Werbetreibenden gegenüber transparent zu machen. Denn was für Redaktionen gilt, gilt auch für Werbebeilagen. Dabei sind viele Ideen und Ansätze schon in digitalen Medien umgesetzt und müssen mit der neuen Option des selektiven Beilegens nur auf den Printbereich adaptiert werden.

Zieht man ein Fazit und blickt noch einmal auf das Beispiel mit dem „Mensch ärgere Dich nicht“-Spiel, so kann man feststellen: Es ist heute nicht nur in digitalen Medien möglich, immer genauer einzelne Leser individuell anzusprechen, sondern auch im Print. So können die roten, gelben, blauen und grünen Figuren jeweils ihre richtige Beilage und damit Spielstrategie ausgeliefert bekommen. Und dies ist nicht nur auf vier Spielfiguren beschränkt, diese Systematik würde auch bei Halma oder größer funktionieren. Möglich macht dies die Digitalisierung. Dabei handelt es sich nicht um technische Experimente, sondern um eine Innovation innerhalb erprobter Abläufe.
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Foto: Rainer Holz