Geschafft! 02.2022

WAS IST ERFOLG EIGENTLICH? Schauen wir uns die Bedeutung des Begriffes einmal etwas genauer an. Im Duden bezeichnet Erfolg »das positive Ergebnis einer Bemühung« bzw. »das Eintreten einer beabsichtigten, erstrebten Wirkung«. Erfolg erleben wir dann, wenn es uns gelingt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das ist erst mal ganz allgemein zu verstehen und spielt auf verschiedenen Ebenen eine Rolle: in unserer Gesellschaft, für Unternehmen und auch für jeden Menschen ganz persönlich. So gibt es eine gesellschaftliche Norm in Bezug auf das, was als erfolgreich angesehen wird. Gleichzeitig sind Vorstellungen von Erfolg sehr subjektiv und durch Erziehung, Lebenserfahrung und Charakter geprägt. Welche Norm verfolgen wir in Bezug auf Erfolg? Wir leben in einer Gesellschaft, die stark auf Leistung ausgerichtet ist, sodass es hoch angesehen ist, berufliche Ziele ehrgeizig zu verfolgen und die Karriereleiter immer weiter hochzuklettern. In diesem Umfeld ist es nicht unüblich, dass viele Menschen das Erleben von Erfolg an ihre Zufriedenheit koppeln. Das war nicht immer so: Individuelle Leistung gewann erst im Zuge der Industrialisierung, Globalisierung und technischer Entwicklung ab Mitte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. Damit rückte die individuelle Leistung immer mehr in den Mittelpunkt, was sich im Laufe der Jahrzehnte immer weiter zugespitzt hat. Heute haben wir Tests für alles, ob Fitness, Intelligenz oder Eignungen, um Leistungen objektivierter, messbar und vergleichbar zu machen. DAS PRINZIP VON ERFOLG VERÄNDERT SICH Doch sind unsere Vorstellungen von Erfolg noch zeitgemäß? Schaut man genauer hin, befinden sich die gesellschaftlichen Vorstellungen von Erfolg derzeit im Wandel. Zwar hält sich die Norm für berufliche Leistung und wirtschaftlichen Erfolg weiterhin, doch ein ständiges »höher, schneller, weiter« ohne Rücksicht auf Verluste wird nicht mehr so gerne gesehen. Das wirkt sich auch auf das Bild von erfolgreichen Unternehmen aus. Wirtschaftlicher Erfolg ist für sie weiterhin unabdingbar – aber erfolgreich ist auch, wer Mitarbeitende gut behandelt oder einen zusätzlichen Mehrwert für die Zukunft oder den Zusammenhalt der Gesellschaft leistet: In Zeiten des Klimawandels und sozialer Spaltungen wird auch von Unternehmen erwartet, etwas zu bewirken. Damit gewinnt solches Handeln an Anerkennung, das sozial oder ökologisch einen positiven Einfluss hat. Auch für Privatpersonen ändern sich Vorstellungen von dem, was erfolgreich ist. Mit zunehmendem Bedürfnis nach Selbstoptimierung und Selbstverwirklichung schwappt das Erfolgsstreben auch in andere Lebensbereiche über. Der immer lauter werdende Ruf nach mehr Work- Life-Balance ist ein treffendes Beispiel für diese Entwicklung: Beruflicher Erfolg allein ist lange nicht mehr alles. Wir wollen gesund und sportlich sein, uns als Eltern engagiert zeigen und ein soziales Netzwerk pflegen – auch in diesen Lebensbereichen erleben wir das Gefühl von Erfolg, wenn wir etwas Positives erreicht haben. (MISS-)ERFOLG HAT VIELE GESICHTER Soziale Netzwerke sind ein treffendes Abbild für die Entwicklungen unserer Gesellschaft rund um Erfolg und Anerkennung. Auf Instagram & Co. präsentieren bzw. inszenieren Menschen sich in der Regel von ihrer besten Seite. Die digitale Welt wirkt dabei oft wie ein Ringen um den einflussreichsten Job, den fittesten Körper und überhaupt das beste Leben. Wie vermeintlich erfolgreich man dabei ist, zeigen Likes, Shares oder Kommentare. Immer mehr Studien verweisen allerdings auf den Zusammenhang von Vergleichsdruck in sozialen Netzwerken und dem Entstehen von psychischen Erkrankungen. Auch wenn das bis jetzt ein marginaler Anteil ist, ist in »Instagram vs. Reality«-Darstellungen eine Art Gegenbewegung zu erkennen: Neben der inszenierten Perfektion wird bewusst eine andere, vermeintlich negative Seite gezeigt. Mit dieser Tendenz nach mehr Authentizität erhalten Fehler und Misserfolge zumindest einen kleinen Aufschwung an Akzeptanz. Das bringt uns zur anderen Seite der Medaille: Wie sieht es mit Misserfolg in unserer Gesellschaft aus? Die hohe Bedeutung individueller Leistung ist historisch relativ neu. 6

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